*Werbung/bezahlte Partnerschaft mit mit Haithabu und Danewerk e.V.
Es ist ein warmer, windiger Morgen, als ich mich auf den Weg in Richtung Schleswig mache. Mein Ziel ist aber nicht die Stadt an der Schlei. Heute möchte ich zwei der wohl faszinierendsten und schützenswertesten Orte des Landes besuchen: das Grenzbauwerk Danewerk und den wikingerzeitlichen Handelsplatz Haithabu. Beide Stätten gehören seit 2018 gemeinsam zum UNESCO-Welterbe. Die Orte sind tief mit der Geschichte der Wikinger verwurzelt und erzählen von Handel und Macht – aber auch von kulturellen Begegnungen, die Jahrhunderte hinweg überdauert haben.
Welterbe liegt zum Großteil unter der Erde
Mein erster Halt ist die ehemalige Wikingersiedlung Haithabu. Zwischen dem 9. und dem 11. Jahrhundert war dieser Ort einer der bedeutendsten Handelszentren Nordeuropas. Durch seine verkehrsgünstige Lage am Knotenpunkt wichtiger Fernhandelswege kamen in Haithabu Menschen und Waren aus der gesamten damals bekannten Welt zusammen.
Ich treffe mich an diesem besonderen Ort heute mit Dr. Kirsten Jensen-Huß, die einfach alles über diesen faszinierenden Ort weiß. Bevor es hinaus auf das weitläufige Gelände geht, lohnt ein Blick in das moderne Museum, welches sogar als eines der bedeutendsten archäologischen Museen Deutschlands gilt. Denn um zu verstehen, was dieses Fleckchen Erde in Haithabu so einmalig macht, sollte man sich gleich im ersten Raum die Videoanimation und das Siedlungsmodell sowie die zahlreichen Exponate etwas genauer ansehen. Denn ein Großteil des Welterbes liegt noch immer unter der Erde.
Innerhalb des Halbkreiswalles sind nur fünf Prozent der Siedlungsfläche aktuell ausgegraben, erzählt mir Dr. Kirsten Jensen-Huß, die im Museum für die Entwicklung von Bildungs- und Vermittlungskonzepten verantwortlich ist. Dank moderner Untersuchungsmethoden – wie zum Beispiel die Geomagnetik – kann man so in den Boden „schauen“, ohne die archäologischen Strukturen durch Ausgrabungen unwiederbringlich zu zerstören. Mit Hilfe geomagnetischer Verfahren konnten die Wissenschaftler ähnlich wie bei einem Röntgenbild einen zusammenhängenden Überblick in das Siedlungsareal gewinnen. Auf der Grundlage der vorliegenden Ausgrabungsergebnisse und der Geomagnetik wurde das Siedlungsmodell entwickelt. Die Besucher erkennen sofort die enge stadtähnliche Siedlungsstruktur des Handelsplatzes.
Was auf den ersten Blick vielleicht gar nicht so außergewöhnlich klingt, wird auf dem Zweiten zu einem archäologischen Superfund. Kirsten Jensen-Huß:
Haithabu ist die früheste Siedlung in Nordeuropa, die aufgrund seiner hohen Einwohnerzahl von zirka 2000 bis 2500 Menschen, der engen Bebauung und der gewerblich orientierten Bevölkerung stadtähnliche Züge aufweist. Das ist schon etwas ganz Besonderes.
Infolge des feuchten Bodens und angesichts der Tatsache, dass das ehemalige Siedlungsareal nie überbaut wurde, zeichnet sich die Stätte durch eine außerordentlich reiche Funderhaltung organischer Siedlungsreste aus. Viele der archäologischen Strukturen liegen seit über 1000 Jahren unberührt im Boden. In über 100 Jahren Forschungstätigkeit kamen neben hölzernen Resten von Gebäuden und Wegen auch Alltagsgegenstände, Werkzeuge, Waffen, Münzen, Schmuck und sogar Schiffswracks zutage, die einen umfassenden Einblick in das Leben der frühmittelalterlichen Handelsmetropole gewähren. Haithabu nimmt damit eine Schlüsselstellung in der Erforschung der Wikingerzeit ein. Viele der Fundstücke können die Besucher im Museum bestaunen.
Haithabu als Tor zur Welt
Doch für uns geht es jetzt erstmal wieder raus aus dem Museum hinein ins Gelände. Wir begeben uns auf die Spuren eines Handelsortes von enormer Bedeutung. Während wir durch die naturnahe Landschaft des Haddebyer Noors laufen, vorbei an grasenden Schafen und Rindern, auf dem halbkreisförmigen Schutzwall entlang, wird einem die Tragweite dieses Ortes erst so richtig bewusst.
Haithabu lag an der schmalsten Stelle der jütischen Halbinsel und war ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt. Über die Schlei kamen die Schiffe aus der Ostsee und brachten Handelsgüter und Rohstoffe aus dem Norden und dem Osten in den Hafen von Haithabu. Aus dem Süden und Westen brachten Schiffe Handelsgüter über die Nordsee, Eider und Treene bis nach Hollingstedt, dem „Nordseehafen“ von Haithabu. Geschützt und kontrolliert durch das Danewerk gelangten die Waren auf dem 18 Kilometer langen Landweg nach Haithabu. Mit dieser „Abkürzung“, die den Nord-Ostsee-Kanal vorwegnimmt, ersparte man sich die gefahrvolle Umfahrt um die Nordspitze Dänemarks. In Nord-Süd-Richtung verlief zudem der Heerweg, ein Landweg, der heute manchmal salopp als die A7 des frühen Mittelalters bezeichnet wird.
Auf den Landebrücken im Hafen von Haithabu herrschte reges und buntes Treiben. Hier kamen einst Menschen verschiedenster Kulturen Europas zusammen. Sie tauschten nicht nur Waren, sondern auch Wissen aus. Was hier wohl alles diskutiert wurde? Während ich oben auf dem Wall stehe und beobachte, wie die Rinderherde am Ufer weiterzieht, höre ich es in meinem Kopf leise tuscheln und mir ist klar, warum dieser Ort unbedingt erhalten bleiben muss.
Zusammen mit dem Grenzbauwerk Danewerk wurde die Wikingersiedlung Haithabu 2018 zum UNESCO-Welterbe ernannt.
Kirsten Jensen-Huß:
Ich bin wirklich stolz, dass wir hier in Haithabu zusammen mit dem Danewerk in einer Liga mit den Pyramiden von Gizeh und der Chinesischen Mauer spielen.
Rekonstruierte frühstädtische Siedlung
Auch ich mache mir diese Tragweite bewusst und laufe fast schon ehrfürchtig den Wall entlang. Nach rund zehn Minuten Fußweg sind in der Ferne einige reetgedeckte Häuser zu erkennen. Die kleine rekonstruierte Siedlung ist ein Freilichtmuseum mit sieben Gebäuden und einer Landebrücke, an der die beiden museumseigenen Boote liegen. Diese veranschaulichen, wie die Wikinger früher wohl gelebt haben. Mit dem Klischee voll tätowierter Raufbolde aus Film und Fernsehen haben die tatsächlichen Wikinger nur wenig zu tun, erklärt mir Kristen Jensen-Huß. Zwar habe es einige Raubzüge gegeben, doch vor allem waren sie Händler, Handwerker und Bauern.
Übrigens: Der Begriff Wikinger leitet sich aus der altnordischen Bezeichnung „fara í viking“ ab, was sich mit „auf Raubzug gehen“ übersetzen lässt. Die Mehrheit der Menschen haben aber nie an so einem Raubzug teilgenommen und lebten friedlich als Händler, Handwerker, Bauern oder Fischer und sind somit gar nicht als Wikinger zu bezeichnen.
Während ich an den Häusern entlangschlendere, entdecke ich einige Darsteller, die ihre handgemachten Produkte wie Taschenbügel oder Metallwerkzeuge vor den Häusern verkaufen. In passender Kleidung und mit ganz viel Liebe zum Detail erwecken sie die Geschichte an diesem Ort zum Leben. Die nach archäologischem Befund rekonstruierten Häuser sind selbst nicht Teil des Welterbes. Dennoch machen sie die Vergangenheit erlebbar und nicht nur für Kinder sind Angebote wie Bogenschießen, Filzen oder Weben ein echtes Highlight.
Danewerk: das größte archäologische Bodendenkmal Nordeuropas
Was aber einen bedeutenden Teil des Weltkulturerbes ausmacht, ist das Danewerk – ein rund 30 Kilometer langer historischer Befestigungswall mit 1500 Jahren Geschichte. Fast schon majestätisch zieht sich das bedeutende Kulturdenkmal durch die sanfte Hügellandschaft Schleswig-Holsteins. Das Danewerk – ursprünglich im 5. Jahrhundert errichtet – schützte einst das Dänische Königreich der Wikingerzeit vor den Mächten des Fränkischen Reiches im Süden und später vor dem Deutsch-Römischen Reich. Museumsleiter Lars Erik Bethge führt mich heute durch dieses lebendige Zeugnis der faszinierenden Geschichte Nordeuropas. Es liegt nur wenige Autofahrminuten von Haithabu entfernt – ein Besuch beider Stätten lässt sich also ganz wunderbar miteinander kombinieren.
Während ich entlang des grün bewachsenen Walls schreite, spüre ich förmlich die Jahrhunderte, die auf diesen Hügeln lasten. Das Bollwerk fügt sich perfekt in die Landschaft ein und ermöglicht eine Kombination aus Naturgenuss und ein Stück lebendiger Geschichtsstunde.
Kulturgeschichte des Frühmittelalters
Die Anlage ist aber nicht nur stummer Zeuge vergangener Kriege und Verteidigungsstrategien, sondern auch ein Symbol für den kulturellen Austausch und der Begegnung zwischen verschiedenen Völkern. In den vergangenen Jahrhunderten diente das Danewerk sowohl als Schutzwall, als auch als wichtiger Handelsweg, der Nord und Süd miteinander verband. Hier trafen Händler aus Skandinavien auf Händler aus Mitteleuropa. Sie tauschten Waren und Geschichten aus – fast schon eine frühe Form der Globalisierung.
Die sogenannte Waldemarsmauer gehört auf jeden Fall zu den Höhepunkten des Denkmals. Mehr als 850 Jahre hat sie auf dem Buckel und ist damit das ältesten Ziegelsteinbauwerk Nordeuropas. König Waldemar der Große von Dänemark ließ die Mauer auf mehr als vier Kilometern errichten – ein Teil davon ist für Besucher sichtbar.
Berliner-Mauer-Feeling – und das mitten auf der Heide in Schleswig-Holstein.
Die verschiedenen Färbungen der Steine zeigen, dass hier fleißig mit gebranntem Ton experimentiert wurde. Heute wird die Waldemarsmauer von neueren Ziegeln oben gehalten, sodass sie noch lange für die Nachwelt erhalten bleibt.
Die Waldemarsmauer wurde bereits Mitte des 19. Jahrhunderts freigelegt, andere kommen jetzt erst ans Tageslicht. Denn in dem Gebiet des Danewerks finden immer wieder neue Ausgrabungen statt. Ich habe Glück und wir kommen auf unserer heutigen Tour an einer aktuellen Ausgrabungsstätte vorbei. Hier wird eben noch immer geforscht – und spannende neue Funde gemacht, die uns Stück für Stück mehr über frühere Zeiten erfahren lassen.
Diese aktuellen Fundstücke werden sicherlich auch Teil des neuen Archäolgischen Parks sein. Denn das Danewerk befindet sich im Umbruch. Das gemeinsame Kulturdenkmal der Deutschen und Dänen bekommt einen komplett neuen Rundweg über Stahlstege auf und entlang des Walls, mehrere kleine Plattformen sowie Plätze zum Verweilen. Zusätzlich wird es einen Infopavillon geben. Es geht dabei zum einen darum, das Danewerk noch erlebbarer zu machen, und zum anderen um eine notwendige Lenkung der Besucher, damit sie nicht fernab der Wege die Wälle entlanggehen und diese zerstören.
Auch ein Neubau des Museums mit 1600 Quadratmetern ist geplant. Bevor dieses Mitte 2026 eröffnet, mache ich zum Ende meines Besuchs noch einen Abstecher in das aktuelle Danevirke Museum und tauche tiefer ein in die wechselhafte Geschichte dieses Ortes.
Nach dem Besuch beider Stätten ist für mich klar: Ein Ausflug zum Danewerk und nach Haithabu ist nicht nur eine Reise in die Vergangenheit und ein Spaziergang durch eine besonders schöne schleswig-holsteinische Landschaft, sondern auch ein Aufruf zur Verantwortung. Diese Stätten erinnern uns daran, wie wichtig es ist, unser kulturelles Erbe zu schützen und zu bewahren – für uns selbst und für kommende Generationen. Deshalb ist es auch absolut verständlich, dass Besucher auf den ausgewiesenen Wegen bleiben. Nur so kann dieses wertvolle Welterbe erhalten bleiben.
Übrigens: Wer die Landschaft rund um das Danewerk und Haithabu zu Fuß oder mit dem Rad noch genauer erkunden möchte: Es gibt eine tolle Rad- und Wanderwegkarte mit zum Beispiel einer Tour rund ums Haddebyer und Selker Noor.
- Am Welterbetag finden offene Führungen an beiden Stätten statt. Sowohl in Haithabu als auch in Danewerk können Gruppenführungen oder auch Wanderungen gebucht werden. Die Museen sowie das rekonstruierten Wikingerhäuser kosten Eintritt. Der Archäologische Park in Dannewerk und das weitere Gelände mit den historischen Wällen kann kostenfrei besucht und auch mit dem Fahrrad erkundet werden.