Schon während seines FSJ (Freiwilliges Soziales Jahr) ist der heute 23-jährige Jonas im Wünschewagen des ASB (Arbeiter Samariter Bund) mitgefahren und hat die tiefsten Herzenswünsche schwerkranker Menschen in Schleswig-Holstein wahr werden lassen. Auch wenn er inzwischen für sein Psychologie-Studium von Pinneberg (hier in der Nähe hat der Wünschewagen in Elmshorn sein Zuhause) nach Kiel gezogen ist, engagiert er sich weiter ehrenamtlich für das Projekt. Warum? Das erzählt er im Interview.
Jonas, du bist schon seit mehr als vier Jahren als Wunsch-Erfüller in Schleswig-Holstein unterwegs, hast bereits 16 Fahrten begleitet. Was war für dich die bisher emotionalste Fahrt?
Das ist schwierig zu sagen, mir fallen gleich zwei Fahrten ein, die mir besonders im Gedächtnis geblieben sind. Einmal sollte es zu einem Konzert der Backstreet Boys nach Hannover gehen. Das war vorab ein ewiges Hin und Her, weil nicht klar war, ob wir dafür Tickets erhalten. Wir hatten das Ganze schon auf Eis gelegt, da rief am Konzerttag der Geschäftsführer an, der erst kurzfristig von unserer Anfrage gehört hatte, und lud uns dann doch ein. Wir haben das natürlich möglich gemacht und sind spontan mit unserem Fahrgast dorthin gefahren, wurden sogar persönlich vom Manager empfangen und in eine VIP-Loge gebracht. Das war natürlich großartig – für alle.
Die zweite Fahrt, die für mich ganz besonders war, war die mit einem Mann, der schon 101 Jahre alt war. Sein Wunsch war es, noch einmal die Heide in ihrer vollen Blüte zu sehen. Als wir dann bei ihm ankamen und ihn auf die Trage legen wollte, sagte er nur: „Das ist doch was für alte Leute“. Diesen Satz werde ich nie vergessen. Während der Fahrt in die Lüneburger Heide war es fast wie auf einer Klassenfahrt. Sein Sohn und seine Schwiegertochter hatte einen Picknick-Korb dabei, es wurde gesungen, gelacht, gegessen – eine wirklich denkwürdige Fahrt.
Kannst du dich noch an deine allererste Fahrt erinnern?
Oh ja, sehr gut sogar. Wir haben einen älteren Herrn abgeholt und sind mit ihm auf eine große Familienfeier nach Seedorf gefahren. Das war eine riesige Überraschung für alle dort. Noch einmal zusammen mit den Liebsten essen, trinken, lachen und Spiele spielen: Das hat ihm sehr viel bedeutet und er hatte es so sehr genossen. Auch seine guten Freunde kamen dorthin und spielten mit ihm Karten. Der Abschied war dementsprechend für alle hart und es floss die ein oder andere Träne – auch bei uns.
Das kann ich mir vorstellen, so eine Wunscherfüllung ist für einen selbst ja auch sehr emotional. Das geht an einem nicht spurlos vorbei. Wie gehst du persönlich damit um?
Wir sind ja immer mindestens zu zweit – einer aus dem Rettungsdienst und der zweite ebenfalls mit einem medizinischen Hintergrund. Das hilft schon mal, weil wir uns untereinander austauschen. Meine Freundin ist auch beim ASB aktiv und fährt mit dem Wünschewagen mit – da können wir die Gedanken des anderen natürlich gut nachempfinden. Sollte ich mal weitere Hilfe von außen benötigen, haben wir auch die Möglichkeit einer externen Betreuung. Es könnte ja zum Beispiel auch passieren, dass ein Fahrgast während der Fahrt verstirbt. Zum Glück ist das bisher aber noch nicht vorgefallen.
Für wen sind diese Fahrten eigentlich genau und wo kann ich meinen Wunsch quasi anmelden?
Der Wünschewagen des ASB richtet sich an Menschen, die eine lebensverkürzende Diagnose haben – bei den meisten unsere2n Fahrgäste ist das Krebs. Meist sind es ältere Gäste, die den Wünschewagen nutzen, doch wir hatten auch schon Jüngere. Bei Gleichaltrigen ist es für einen persönlich manchmal echt hart, wenn man sieht, wie das Schicksal bei einigen zugeschlagen hat. Trotzdem ist für mich ganz klar, dass ich mich hier noch viele Jahre engagieren werde. Wenn man einmal dabei ist, möchte man auch weitermachen. Unsere Fahrgäste und ihre Familien bringen uns immer so viel Dankbarkeit entgegen. Manche freuen sich schon wochen- oder monatelang auf diesen einen besonderen Tag und stehen dann mit einem Strahlen bereit, wenn wir sie abholen. Das ist wirklich ein tolles Gefühl!
Der Wünschewagen in Zahlen
70 ehrenamtliche Wunscherfüller gibt es in Schleswig-Holstein
2021 hat der Wünschewagen des ASB in Schleswig-Holstein 50 Wünsche erfüllen können, 2022 sind es sogar noch etwas mehr.