Sie sind klein, pflegeleicht und echte Vitaminbomben. Die Rede ist von Microgreens – auf Deutsch: kleine Pflänzchen. Nicht mehr Samen, doch auch noch keine ausgewachsene Pflanze: Microgreens befinden sich in einem Stadium kurz nach Sprosse und gelten als besonders reich an Nährstoffen. Der Foodtrend aus den USA ist jetzt auch in Schleswig-Holstein angekommen.
Micorgreens aus Schleswig-Holstein
Bereits seit 2019 baut Felix Doobe aus Mönkeberg bei Kiel diese kleinen Pflänzchen an. Der studierte Elektrotechniker hatte selber davon im Internet gelesen und als sogenannter Flexitarier (Menschen, die sich hauptsächlich vegetarisch ernähren und nur hochwertiges, biologisch produziertes Fleisch essen) schon immer ein Faible für gesunde Ernährung. Doch dass er mal beruflich in die Foodbranche einsteigen würde, hätte er nicht gedacht. Eigentlich wollte der 33-Jährige mit einer speziellen LED-Technik für Pflanzen ein eigenes Unternehmen gründen. Doch der Plan scheiterte an der Finanzierung. Die Lampen waren aber bereits gebaut und Doobe überlegte, was er damit nun anfangen könnte. „Da kamen mir die Microgreens wieder in den Sinn und ich probierte es einfach mal zu Hause aus.“ In einem kleinen Tomatengewächshaus baute er in seinem eigenen Garten die ersten Pflänzchen an. Nach zwei Monaten Testphase war er von den Powerpflanzen überzeugt.
Zwei Dinge würden die Microgreens so besonders machen: die Nährstoffe und der Anbau. Laut einer Studie der University of Maryland in den USA haben die kleinen Pflanzen deutlich mehr Vitamin A, B6 und Vitamin C sowie reichhaltige Mineral- und Nährstoffe. Laut den Forschern enthalten die Pflanzen bis 40-mal mehr Nährstoffe als das ausgewachsene Gemüse. Und der Anbau? Der sei besonders kurz. Denn nach knapp zwei Wochen sind die grünen Vitaminbomben bereits erntereif.
Superfood-Trend kommt aus den USA
Geschmacklich ähneln die Microgreens dem Gemüse, dass sie nach längerem Wachstum auch werden würden. Zu den Favoriten des Superfoods zählen für Felix Doobe derzeit Rotkohl- und Radieschen. Theoretisch gesehen könne man fast jedes Gemüse als Micorgreen anbauen und verspeisen. Ob Brokkoli, Mangold, Radieschen, Fenchel oder Sonnenblume: Knapp hundert Sorten seien laut Flexi Doobe machbar. Was allerdings nicht funktioniere, seien Nachtschattengewächse wie Kartoffeln oder auch Tomaten. Verwendung finden die Pflanzen vor allem in Salaten. Aber auch grünen Smoothies geben sie einen extra Vitaminkick oder sie landen als Hingucker auf Broten und in Suppen.
Mit dem Verkauf seiner ersten Microgreens startete der Kieler Student vor eineinhalb Jahren. Damals baute er die Pflanzen noch in einem Schuppen im Garten an. Über den Online-Hofladen „Marktschwärmer“ testete er die Nachfrage. „Das war für mich ein super Start, denn nur was bestellt wurde, konnte ich ernten und somit musste ich auch nichts wegwerfen“, erinnert er sich. Schnell kamen die Wochenmärkte hinzu – Inzwischen gibt es sein Powerfood unter dem Namen „Verture Farm“ auch in einigen Kieler Restaurants und Supermärkten in der Umgebung.
Verkauf bei Marktschwärmer und auf Wochenmärkten
Das Gewächshaus und der Schuppen im Garten sind inzwischen zu klein geworden. Erst vor kurzem hat Doobe neue Räumlichkeiten direkt in der Kieler Innenstadt gefunden. In einer ehemaligen Druckerei baut er jetzt seine Super-Pflanzen an. Das Praktische dabei: Er braucht nicht viel Platz. Denn die Micorgreens müssen nicht draußen auf großen Feldern wachsen. Sie stehen in Regalen übereinander, sodass er nur wenig Fläche für sie benötigt. „Auf vier Quadratmetern kann ich 30 Quadratmeter Pflanzen ansetzen“, sagt er. Das sei unglaublich platzsparend und ein sehr nachhaltiger Anbau. Denn: Lange Transportwege entfallen und der Anbau sei zudem sehr CO2 arm. Auch sein technisches Fachwissen komme ihm bei seiner Arbeit mit den Pflanzen immer wieder zugute. Inzwischen hat er sogar ein eigenes Bewässerungssystem entwickelt.
Stolz ist der 33-Jährige darauf, dass seine Microgreens jetzt auch biozertifiziert sind. Sein Saatgut beziehe er aus Deutschland. Dieses sei speziell für die kleinen Pflanzen geeignet. Theoretisch gesehen könnte man auch ganz normales Saatgut für das Gemüse verwenden, erklärt er, und dieses einfach sehr früh ernten. Doch das sei deutlich teurer und erziele nicht unbedingt denselben Effekt. Denn: Die Saat für das Superfood ist auf eine schnelle Keimfähigkeit gezüchtet und darauf, sich gut reproduzieren zu lassen, so Doobe. Damit auch keine der wertvollen Pflänzchen in der Mülltonne landet, verkauft Doobe inzwischen auch sein eigenes Pesto aus Micorgreens: „Wegwerfen ist keine Option. Mit dem Pesto verwerten wir also die Pflanzen, die bereits erntereif sind und nicht verkauft wurden.“
Zwei Mitarbeiter habe Doobe bereits eingestellt. Er selbst lebe noch nicht von den grünen Vitaminbomben, sondern absolviere neben der Arbeit noch seinen Master in Datascience. So möchte er noch mehr über Datenverarbeitung lernen und das Wissen gezielt für seine Microgreens einsetzen.
Zuerst erschienen ist dieser Beitrag von mir im Wochenendjournal des sh:z am 23. Januar 2021.
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